07 Dezember 2007

Ein Manager im Biberkostüm

Ein Manager im Biberkostüm, der Gegensatz zwischen „Kant und Kohle“ und Ehrenkodizes der Mafia – die Diskussion beim 20. Werteforum zur Frage „Wer verantwortet die Werte im Unternehmen?“ war umfassend und häufig überraschend. In Frankfurt hatte 2005 das erste Forum des Vereins stattgefunden, zum kleinen Jubiläum passte daher die Rückkehr in die Main-Metropole sehr gut, fand Kai Hattendorf, der die Teilnehmer und Gäste im begrüßte.

Der Fortschritt in der bundesweiten Wertedebatte der Wirtschaft wurde auch beim Blick auf das Podium deutlich: Wurde vor Jahren noch häufig über die Absichten gesprochen, Werte- und Auditsysteme einzuführen, so stand in Frankfurt vor allem die Frage nach den gemachten Erfahrungen im Mittelpunkt.

„Der Gegensatz Kant oder Kohle gilt nicht mehr“, stellte Moderator Dr. Philipp Busch zum Einstieg fest, und er zitierte Robert Bosch: „Die anständigste Art der Geschäftsführung ist auch die beständigste.“

Dagmar Woyde-Köhler, Leiterin der ENBW-Akademie, beschrieb, wie ihr Unternehmen sich des Themas Wertebewusster Führung angenommen habe. „Wir hatten eine externe Marketingkampagne, in der wir den Kunden vieles versprochen haben. Daraus folgte intern die Frage, wie wir denn diese Kundenversprechen nun auch erfüllen können.“ Seit 2005 beantwortet man dieses mit werteorientierter Mitarbeiterführung. Die Erfahrung bisher: „Der Start ist vergleichsweise einfach, die wesentliche Arbeit besteht darin, die Werte und Leitbilder so in den Alltag zu bekommen, dass sie selbstverständlich werden – und nicht in Vergessenheit geraten.“

Ökonomischen Druck entwickelt die Otto Group beim Thema Werte in der Zusammenarbeit mit Lieferanten. Schon in den 80er Jahren führte das Unternehmen Auditierungssysteme ein, um die Nachhaltigkeit bei den Produzenten sicherzustellen. Doch auch dieses könne nicht fehlerfrei sein, betonte Vorstand Alexander Birken: „Wir stellen uns die Frage, wie engmaschig wir ein solches Netz aufbauen können – wo kriminelle Energie besteht, lassen sich Verstöße nicht komplett verhindern.“ Nach einem Fall von Kinderarbeit beim Subunternehmen eines Lieferanten erweitert Otto sein Auditierungssystem inzwischen auch auf die Zulieferer der Zulieferer.

Einen dritten Weg geht Sebastian Heinemann, Geschäftsführer des Hotels Atlantik in Hamburg. Als er das Haus vor Jahren übernahm, führte er gemeinsam mit den Mitarbeitern des Hauses ein neues Wertebewusstsein ein unter dem Motto „Respekt: Achtung – Mensch!“ – und er scheute davor auch nicht ungewöhnliche Methoden, etwa einen Auftritt im Biberkostüm vor der Belegschaft. Im Alltag setzt er auf kurze 5-Minuten-Meetings zum Thema Werte – und auf eine Wertekarte, die jeder „Atlantianer“ mit sich führt. Dass die neue Kultur neben Werten auch Wert geschaffen hat, zeigen die Wirtschaftsdaten des Hauses ebenso wie die Ergebnisse der regelmäßigen Mitarbeiterbefragungen.

Kritik an der öffentlichen Wertediskussion, so wie viele Unternehmen sie führen, kam von Andreas Kramer, CEO der Ready Bank: „Das ist mir viel zu sehr PR-geprägt“, kommentierte er Bemühungen mancher Großbanken, sich als „good corporate citizen“ zu positionieren. In seiner Rolle als Bankvorstand versucht er vor allem die Meinungsfreiheit hochzuhalten, denn „es braucht auch und gerade eine Streitkultur in Unternehmen, damit die besten Strategien gefunden werden können.“ Man müsse notfalls auch breit sein, auf eine „ungerechte Rendite“ zu verzichten und sich mit der „gerechten Rendite“ zu begnügen – sonst würden Wertesysteme sehr beliebig – schließlich habe auch die Mafia einen Ehrenkodex.

Für die Wertekommission diskutierte Sven Korndörffer mit – und fasste zusammen, dass Werte im Unternehmen Systeme bräuchten, um umfassend funktionieren zu können. Zudem: „Werte brauchen Gesichter – die Verantwortung für Werte im Unternehmen liegt immer bei den Menschen, die sie vorgeben und vorleben. Und die müssen ganz oben im Unternehmen sitzen.“ Eine Demokratisierung der Verantwortung für Werte müsse verhindert werden, wenn diese wirken sollen.

Hierum ging es auch immer wieder in der abschließenden offenen Diskussion: „Verantwortung für Werte ist nicht teilbar“, war einer der Kommentare aus dem Publikum, und es gab Einigkeit dazu, dass vor allem auch der Nutzen von Leitbildern vermittelt werden muss, wenn diese in einem Unternehmen vom Mitarbeiter akzeptiert werden sollen.

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